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Sternenkrieger

In "Star Wars" steckt mehr, wenn man bzw. frau will. Einige Gedanken zu "Episode III".

Daniel Sanin

Wir können die Handlung der letzten Folge der neuen Star-Wars-Trilogie natürlich lediglich als die x-te Aufwärmung der "Gut gegen Böse"-Suppe interpretieren, als ursprünglich völlig simplen Plot, wie Andreas Hartmann in seinem Artikel "Trau dem Jedi nicht" sagt (in Jungle World 20, 18.5.2005): Das Böse will die Herrschaft nicht nur über die Welt, sondern in diesem Fall sogar über das ganze Universum; das Gute versucht, dagegen zu halten und scheitert zwar vorläufig, aber nicht am Ende (siehe Episode VI); dazwischen frönt George Lucas, der Ideator und Ausführer der ganzen Saga, seiner Leidenschaft "andauernd Kampfszenen aneinanderzureihen, die kaum Sinn haben, aber Sinn haben sollen" (a.a.O., S.20). Hartmann versucht auch, die Erzählung an die Realität rückzubinden, aber mehr als Osama Bin Laden schaut da nicht heraus.

Das Gut gegen Böse-Schema ist zwar vorhanden, in der Geschichte steckt aber mehr, wenn man bzw. frau es finden will, wenn man bzw. frau sich einlässt auf die Geschichte und ihre Charaktere bzw. im Besonderen den gesamten Aufbau des Plots in den Blick nimmt. Ich denke, dass man bzw. frau sich z.B. mit dem Versuch, in den Filmfiguren aktuelle Personen zu sehen, etwas verschenkt. Vielmehr sind sie nur Verkörperungen von Prinzipien. Gerade deswegen konnte es Star Wars ja überhaupt erst gelingen, zu so etwas wie einer Saga, zu einer mythologischen Erzählung, zu werden: Das, was sich hier abspielt, ist eine Geschichte mit abstrakten Figuren, Personifizierungen von Elementen, die in "unserer" "Kultur", sprich: der "westlichen Zivilisation" zentrale Rollen inne haben. Nicht umsonst siedelt Lucas das Ganze nicht in der Zukunft und nicht auf der Erde, sondern "vor langer, langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis" an, also an einem Ort jenseits unserer raumzeitlichen Erreichbarkeit, so etwas wie der Olymp, Walhalla, Eden etc.

Kurz nochmals die Grundzüge der Geschichte: Die "Jedi" dienen dem Guten, sie sind selbstlos, Hüter demokratischer Prinzipien, Wächter und Unterstützer politischer Entwicklungen; sie stehen im Einklang mit den Dingen, mit der Natur, sie sind Teil davon; sie nützen "die Macht", um Gutes zu tun. "Die Macht" stellt sich als nichts anderes dar als eine Lebensenergie (verkörpert durch die Midichlorianer), die allen und allem innewohnt und alles mit allem verbindet. Ihnen gegenüber stehen die "Sith", ihre Nemesis; diese sind selbstsüchtig und machtgierig; sie sind nicht Teil der Dinge, sondern stehen ihnen gegenüber, da sie diese beherrschen wollen; auf Demokratie pfeifen sie, sie streben Herrschaft und Kontrolle an; sie sind Kämpfer gegen den Tod, wollen ihn überwinden.

Während nun die Sith versuchen, die Herrschaft über die Galaxie zu erringen, versuchen die Jedi, genau das zu verhindern. Der perfide Plan des Sith Lords Sidious (offiziell auftretend Kanzler Palpatine, eine der mächtigsten Figuren im galaktischen Senat) ist es, sich den viel versprechendsten Adepten der Jedi, Anakin Skywalker, als seinen neuen Schüler zu angeln und als Duo das galaktische Imperium zu führen. Alle anderen Figuren (Count Dooku, General Grievous, die Anführer der Separatisten, von den AnhängerInnen der Gegenseite ganz zu schweigen) werden für die Erreichung dieses Ziels manipuliert und diesem geopfert.

Beide Gruppen nutzen jedoch dieselbe Macht, immer kommt ihre Energie von den "Midichlorianern". Das Schlechte, Böse liegt aber letztlich in den Personen selbst; es ist zwar ständig von der "guten" und der "dunklen Seite der Macht" die Rede, aber eigentlich sind es die eigenen Emotionen, die eineN zu der einen oder anderen Seite zugehörig machen: Angst, Trauer, Wut, Zorn, Hass, Abhängigkeit etc. führen ins „Dunkel“.

Diese Lager stehen sich diametral gegenüber, nehmen unterschiedliche Positionen ein: Die Jedi haben eine eher taoistische, buddhistische etc. Weltanschauung, während die Sith zielgerichtet, planend, berechnend etc. sind, einer Vernunft folgen, die auf Herrschaft gründet und mit moralischen Prinzipien unvereinbar ist (wie Horkheimer im Kapitel der "Dialektik der Aufklärung": "Juliette oder Aufklärung und Moral" deutlich macht, natürlich nicht i.b.a. die Sith, sondern auf diese spezifische "Weltanschauung" bzw. Subjektposition).

D.h. dass die Jedi ein Prinzip des Lebens verfolgen, in welchem das Subjekt Teil der Welt ist, in ihr lebt, Harmonie mit der Natur, den anderen Lebewesen etc. anstrebt. Demgegenüber nehmen die Sith eine Subjektposition ein, die der Welt gegenüber steht, Harmonie als unwichtig erachtet, da es dieser Position um Beherrschung, um Herrschaft geht. Wir finden hier die problematisierte Konstellation der Adornoschen Aufklärungskritik: Die Aufklärung hat das Moment der Reflexion auf sich selbst verloren, das gehärtete Subjekt nimmt sich aus dem Fluss der Dinge heraus, um ihrer Herr zu werden; es kalkuliert listig, opfert Gefährten etc.; Odysseus wird zum Prototyp des Homo oeconomicus, also des kapitalistischen Subjekts.

Das, was für Hartmann scheinbar zu kompliziert ist, nämlich das Prinzip des "wer Gutes tun will, kann damit auch Schlechtes bewirken" ist gerade das Besondere der Star Wars-Saga: Darth Vader ist nicht einfach nur böse, gewissermaßen von Natur aus, sondern es wird vorgeführt, warum er so wird, wir lernen seine Beweggründe kennen, nämlich: die Unfähigkeit, den Tod zu akzeptieren. Anakin will selber zum Bewahrer, vielleicht gar zum Gebärer von Leben werden, denn wie erzählt uns Lord Sidious jene Legende der Sith: es gab einmal einen Sith Lord, der derart mächtig war, dass er die Midichlorianer dazu bringen konnte, aus dem Nichts Leben zu erschaffen. Der gebärende Mann. Dieser Vision wird alles untergeordnet, dafür wird getötet und gemordet, was das Zeug hält, auch vor Kindstötung (im Jedi-Tempel) wird nicht Halt gemacht.

Die allgemeine Blindheit dieser Position, oder mit Adorno: das Fehlen der Selbstreflexion, bedingt, dass im Konkreten Anakin, als eine Personifizierung dieser Subjektform, nicht erkennen kann, dass das Unheil, das er fürchtet (er leidet unter Visionen vom bevorstehenden Tod seiner Braut, Senatorin Amidala) und dessen Eintreten er unter allen Umständen verhindern will, erst durch seine Bemühungen Wirklichkeit wird. Letzten Endes bringt er das um, das er retten will: Durch seinen Übertritt zur "dunklen Seite", der nur deshalb geschieht, damit Amidala eben nicht sterben muss, tötet er sie, da sie ihm dorthin nicht folgen kann/will und er somit für sie verloren ist, worüber sie derart verzweifelt, dass sie sich dem Tode überlässt.

Dieses Projekt der Beherrschung will sich nicht dem Prinzip des Lebens unterordnen, sondern dem Leben selbst sein eigens Prinzip voranstellen; nicht mehr Sklave sein der Regeln von geboren werden und Sterben, sondern sich selbst zum Zentrum der Macht machen, die bestimmt, wer stirbt und wer lebt. Dieses ist ein ideologisch-männliches Projekt: der Mann ist Kultur, die Frau ist Natur; und die Natur muss überwunden werden.
(Zudem: ein Schwert das leuchtet, wächst und auch noch ziemlich mächtig ist, kann seine Wirkung auf Männer nicht verfehlen.)

Dort, wo uns Lucas definitiv Sand in die Augen streut, ist in der Rollenverteilung sowie im Ende der gesamten Saga: Im Film stehen die Jedi für Demokratie, sie sind jene, die an der Seite der etablierten Macht stehen und nur vorübergehend abgedrängt werden; am Ende jedoch wird das Gute siegen; die Sith andererseits sind extra einfach als die Bösen identifizierbar und durch ihre lieblose und selbstsüchtige Art ist ihr Schicksal von Anfang an (letztlich von ihnen selbst) besiegelt. Das ist Ideologie. Denn in unserer Realität siegen die Sith. Das kapitalistische Subjekt hat alle Gesellschaften und Subjektivitäten, die sich seiner Logik nicht unterordnen/anpassen vernichtet oder marginalisiert. Das, was uns Lucas vorführt, ist gleichzeitig Mythos und Utopie, präkapitalistische Vergangenheit und postkapitalistische Zukunft. Das, was verschwiegen wird ist, dass – zumindest vorläufig – die "Sith" auf so ziemlich allen Linien gewonnen haben. Möge die Macht mit uns sein ...

 

 

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